«Ständig wurden Häuser von Raketen getroffen. Es war gefährlich, nach draussen zu gehen. Wir blieben wochenlang im Haus, häufig ohne Strom und Wasser.
Die Nahrungsmittel gingen uns aus. Nur dank der Hilfe unserer Nachbarn haben wir überlebt.» Yana, 60, erinnert sich an die ersten Wochen des Konflikts in der Ostukraine vor viereinhalb Jahren. Sie lebt in einer ehemaligen Industriestadt, die zwischen die Fronten des Krieges geraten ist.
Die Möbel in ihrem Haus sind abgenutzt, die Wände und Zimmerdecken stark renovationsbedürftig. In einem winzigen Schlafzimmer liegt Yanas Mann, der seit einer Wirbelsäulenverletzung bettlägerig ist. Auf dem Bett hat er Fotos ausgebreitet, die ihn und seine Frau zeigen, als sie noch jung und gesund waren. Yana sitzt neben ihrem Mann, er hält liebevoll ihre Hand und sagt: «Sie ist die Liebe meines Lebens.»
Die zwei Enkel, Danylo und Maksym, leben jetzt ebenfalls bei ihnen. «Vor dem Krieg haben sich die Eltern der beiden scheiden lassen», erläutert Yana. «Ihr Vater ist ins Ausland gegangen, und ihre Mutter ist mit ihnen in eine andere Stadt gezogen und hat wieder geheiratet. Dann begann der Krieg und wir wurden von ihnen getrennt, weil sie in der besetzten Zone lebten.»
Yana fängt an zu weinen und ihr Enkel Maksym sagt wieder und wieder: «Weine doch nicht, Omi, jetzt ist ja alles wieder gut.» Yana fährt fort: «Kurz danach wurde bei ihrer Mutter Leukämie festgestellt. Sie starb nur wenige Monate später. Der Stiefvater der Jungs hat sie schlecht behandelt, und wir haben uns so viele Sorgen um sie gemacht. Ich musste einfach etwas tun.»